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Wie kamen vier Frankfurter Chanukkaleuchter nach New York

– und was hat das mit dem HMF zu tun?

Diese Frage beschäftigte mich bei der Vorbereitung der Kombiführung Sammlungen jüdischer Frankfurter durch das Jüdische Museum und das Historische Museum, die kommenden Sonntag zum zweiten Mal stattfindet.

Ursprünglich stammen die für das jüdische Lichterfest benutzten Leuchter aus der Sammlung des Frankfurter Kaufmanns Siegmund Nauheim. Nach seinem Tod 1935 hatte dieser seine gesamten jüdischen Zeremonialobjekte – über 200 Stücke– dem Museum Jüdischer Altertümer in der Frankfurter Fahrgasse vermacht. Als dieses Museum in der Pogromnacht 1938 durch SA- und SS-Leute geplündert wurde, ließ Ernstotto Graf zu Solms-Laubach, seit 1938 Direktor des historischen museums, Teile der Bestände in seinen Räumen in Sicherheit bringen. Die Begründung: es befanden sich Leihgaben des hmf unter den Stücken.

Nach dem Krieg sicherten Vertreter der Jewish Cultural Reconstution (JCR) jüdische Zeremonialgegenstände aus den Beständen des hmf, die nach und nach aus den ausgelagerten Depots zurückgeführt wurden. Die 1947 in den USA gegründete JCR hatte zum Ziel, „erbenlos“ gewordene Kulturgüter aus ehemals jüdischem Besitz zu suchen und an jüdische Gemeinden in den USA und Israel zu überbringen – ein Wiederaufbau jüdischen Lebens in Europa schien zu diesem Zeitpunkt nach den Schrecken des Holocaust undenkbar. Die für die JCR mit der Sichtung der Bestände in Frankfurt beauftragte Person war Hannah Arendt. Eingeführt wurde sie von Guido Schönberger.

Guido Schönberger war seit 1928 Kustos am historischen museum gewesenund ein exzellenter Kenner der Frankfurter Kunst und Geschichte. 1933 war er zum ersten Mal, 1935 endgültig wegen seiner jüdischen Herkunft aus seinem Amt entlassen worden. Nach der Emigration in die USA setzte er sich als Angestellter des Jüdischen Museums New York für die Restitution der in Deutschland verbliebenen jüdischen Kunstgegenstände an jüdische Nachfolgeorganisationen ein. Und als Frankfurter bemühte er sich, Objekte aus seiner Heimatstadt auch in „sein“ Museum in New York zu überführen.

Wer erfahren möchte, unter welchen rätselhaften Umständen 67 weitere Chanukka-Leuchter aus der Sammlung Nauheim zehn Jahre später in Frankfurt wieder auftauchten und sich für weitere verschlungene Wege anderer Sammlungen jüdischer Frankfurter in der NS-Zeit interessiert, ist am Sonntag sehr willkommen. Die Führung startet um 11 Uhr im Foyer des Jüdischen Museums Frankfurt.

 

 

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