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Das „Englische Monument“ geht auf Reisen – eine Migration nach Bregenz

Migration gibt es schon immer. Migration von Menschen – und von Objekten – prägt die Geschichte. Dabei verändert Migration nicht nur Gesellschaften, sondern ist auch selbst einem Wandel unterzogen: Heute zeigt sich ihre Auswirkung in der kulturellen Vielfältigkeit einer vernetzten, globalisierten Welt. Stetig nimmt die Transnationalität von Objekten und Subjekten zu. Grenzen werden porös, zumindest virtuell, der nationale Rahmen verliert an Bedeutung. Menschen sind vielen kulturellen Einflüssen ausgesetzt und werden somit zu transkulturellen Individuen. Migration wird zum alltäglichen Phänomen.

Museen sind in diesem Kontext gefordert, Migration und transkulturelle Vielfalt nicht nur als geschichtsinhärentes Phänomen darzustellen, sondern auch diese Darstellung kritisch zu reflektieren: Wer spricht? Wer wird gehört? Wer kommentiert? Wie objektiv wird Geschichte dargestellt? Und wie gelingt es, Multiperspektivität in Ausstellungen zu integrieren, ohne die Label „Exotisch – Anders – Fremd“ zu reproduzieren?

Dieser Ansatz wurde in verschiedenen Ausstellungskonzepten seit Ende der 1990er-Jahre erprobt. Möglichkeiten der musealen Umsetzung wurden auch auf der Tagung „Migration sammeln. Pluralität ausstellen“ diskutiert, zu der das Universalmuseum Joanneum Ende Februar nach Bregenz geladen hatte. Im Fokus der Veranstaltung standen neben theoretischen Auseinandersetzungen mit dem Thema auch praktische Beispiele aus verschiedenen Ausstellungsprojekten und Museen.

Als Teil dessen wurden mitgebrachte Migrationsobjekte aus den jeweiligen Museen vorgestellt und ihre Wirkung sowie ihre Präsentation als Ausstellungsobjekt diskutiert. Aus dem Historischen Museum Frankfurt machte sich ein Foto des „Englischen Monuments“ auf die Reise an den Bodensee. Es kam die Frage auf, wie heutige Flüchtlinge ein solches Geschenk englischer Glaubensflüchtlinge an die Stadt Frankfurt betrachten würden. Auch die ökonomischen Zusammenhänge von Flucht und Asyl wurden an dieser Stelle erörtert.

historisches museum frankfurt: Das Englische Monument

Vorgestellt wurde auf der Tagung außerdem der Handreichung für die Museumsarbeit  vom Arbeitskreis Migration des Deutschen Museumsbundes sowie beispielhaft das sich in Planung befindende „Virtuelle Migrationsmuseum“ des „Dokumentationszentrums und Museum über die Migration in Deutschland“.

Als innovatives Beispiel für eine multiperspektivische Ausstellung diente die bis vor kurzen im Münchener Stadtmuseum zu besichtigende „Decolonize Munich“. In Kooperation mit der Berliner Wanderausstellung „Freedom Roads“, den Gruppen „München Postkolonial“ und „Schwarze Frauen in Deutschland“, wurde die koloniale Geschichte Münchens anhand von Straßennamen und Objekten aus der Sammlung des Stadtmuseums, unter hegemoniekritischem Blickwinkel diskutiert und ausgestellt. Durch die Einbeziehung diverser Perspektiven in die Konzeption der Ausstellung konnten so eurozentrische und hegemoniale Sichtweisen gebrochen werden.

In Bregenz war man sich einig: Um Multiperspektivität zu verwirklichen, müssen verschiedenste Menschen die Möglichkeit haben, in die Konzeption von Ausstellungen einzuwirken. Hierfür ist ein Rahmen notwendig, in dem sich alle wahrgenommen und repräsentiert fühlen. Die Erfahrung zeigt: Dies erfordert Engagement, Kooperation – und eine wertschätzende Zusammenarbeit.

 

 

 

1 Kommentar zu “Das „Englische Monument“ geht auf Reisen – eine Migration nach Bregenz

  1. […] hatte ich es noch nie gehalten.  Letzte Woche war es dann soweit: das Englische Monument, dass hier schon einmal vorgestellt wurde, wurde aus seiner Holzkiste befreit und stand für einen kurzen […]

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