In den 1980er Jahren fand ich auf dem Dachboden meines Elternhauses einige Schmalfilme, die mein Großvater um die vorletzte Jahrhundertwende aufgenommen hatte. Da sich darunter nicht nur familiäre Szenen, sondern auch dokumentarische Aufnahmen befanden – beispielsweise von der Trauerfeier Kaiserin Victorias, der Ehefrau des 99-Tage-Kaisers Friedrich III., die 1901 an ihrem Witwensitz in Kronberg gestorben war – konnte ich ein öffentliches Interesse an diesen frühen Filmen voraussetzen. Also wandte ich mich an einen Kurator des HMF, Jürgen Steen, mit der einzigen „Bedingung“, dass ich nach einer Übergabe mir einmal das damals für die Öffentlichkeit noch nicht zugängliche Prehnsche Cabinett ansehen dürfe. Einige Jahre später konnte ich einen weiteren Kurator, Wolfgang Cilleßen, dazu bewegen, eine Tischdecke sowie einige Fotos des früheren Russischen Hofes auf der Zeil in den Bestand des Museums zu übernehmen. Der Hotelier des im späten 19. Jahrhundert führenden Frankfurter Hotels war der Schwager meines Großvaters. Meiner Entscheidung für das Museum lag die Überlegung zugrunde, dass ich in meinem Reihenhaus keine Gelegenheit finden würde, einen Esstisch für 24 Personen zu decken. Andererseits hätte ich bei Ebay kaum einen nennenswerten Betrag dafür erzielt, so dass der Stolz überwog, ein altes Familienstück im Museum zu wissen, das irgendwann vielleicht für eine Ausstellung aus dem Depot hervorgeholt werden würde.
Bei der Auflösung einiger familiärer Haushalte habe ich noch andere Museen und vor allem kommunale Archive mit Dokumenten und Fotos, darunter Programme von Theateraufführungen und Konzerten, beglücken können. In der Regel wurde ich von den Empfängerinstitutionen – darunter das Deutsche Historische Museum im Berliner Zeughaus – mit freundlichen Dankesworten belohnt. Nur einmal fiel die Eingangsbestätigung – von Dank war keine Rede – sehr kurios und kabarettreif aus: In diesem Fall hatte ich einen handschriftlichen Bericht eines Soldaten, der in einem deutschen Fürstenregiment an der Schlacht von Waterloo teilgenommen hatte, an ein Landesarchiv gesandt. Ich erhielt als Antwort eine Mail, in der auf einen Anhang verwiesen wurde. Dieser Anhang war nicht nur ganz unverständlich, sondern auch nicht an mich gerichtet. Meine ironische Antwort an das Archiv war entsprechend: Ich schrieb, ich hätte mittlerweile auch noch ein Exemplar der Goldenen Bulle von Kaiser Karl IV. aus dem Jahr 1356 auf meinem Dachboden gefunden, hätte mich aber entschlossen, dieses Dokument dem Stadtarchiv meiner Heimatstadt Kronberg zu überlassen…….
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