„Wohin ist denn das ganze Wasser verschwunden?!“ Das werden sich einige Gäste unseres Museums in den vergangenen Tagen sicher gefragt haben. Wir mussten es ablassen, damit wir die Montage eines UVC-Bestrahlungsschiffchens vorbereiten können. Wofür das gut sein soll? Kurz gesagt: für die Erhaltung des Balkens an der Kante der Kaimauer. Wer es genauer wissen möchte, dem erklären wir es gern in einer komprimierten Rückblende. Die Geschichte beginnt im Jahr 2012…

 

Schreck und Freude gingen Hand in Hand, als in der Baugrube für das neue Historische Museum Frankfurt Spuren einer stauferzeitlichen Kaimauer zutage traten. Solch ein Fund war aus archäologischer und stadthistorischer Sicht ein besonderer Glücksfall, auf den allerdings die nun zu erwartende Bauzeitverzögerung und Kostensteigerung einen langen Schatten warfen.

An dieser Stelle sah die Planung ursprünglich Besuchertoiletten, Garderoben und Treppenhäuser vor – für einen Museumsbetrieb essentielle Funktionsbereiche. Konnte man den Fund bergen und umziehen? Nein, aufgrund der dreidimensional in die Tiefe greifenden hölzernen Verankerung der Kaianlage, deren unterirdische Ausdehnung zudem vollkommen ungewiss war, schloss man diese Option rasch aus. Im Boden und ohne Sauerstoff hatte sich das Holz über Jahrhunderte erhalten. Bei Trocknung an der Luft können Bakterien archäologisches Holz sehr schnell zersetzen, darum werden Nassholzfunde üblicherweise entweder geborgen und mit Festigungsmitteln getränkt oder nach Untersuchung und Dokumentation erneut mit Erde zugedeckt.  Wenn das aber ausschied, wollte man den Bau fortsetzen und die seltene stauferzeitliche Uferanlage nach der denkmalpflegerischen Untersuchung abtragen und zerstören?

Aus Begeisterung über den Fund entstand die Idee, die Kaibefestigung den zukünftigen Museumsbesucher*innen innerhalb des neuen Gebäudes durch ein archäologisches Fenster zu präsentieren. Trotz kontroverser Diskussionen vor dem Hintergrund der schwierigen Erhaltungsperspektiven, hielt man an der Umsetzung fest und wollte sich den planerischen und konservatorischen Herausforderungen stellen. Zur Verlangsamung des Zerfalls dient eine Benebelungsanlage, die den Balken vor dem Austrocknen schützt. Ein externes Restauratorenteam prüft regelmäßig den Zustand des Fundstücks und pflegt es.

Mit der Zeit stellte sich heraus, dass auf dem feuchten Balken immer wieder ein satter Moosteppich wuchs. Das Moos verdeckte die Sicht auf den Balken, war aber selbst nicht schädlich. Im Moos wiederum nisteten sich rosafarbene Zwergasseln ein, die mangels passender Beißwerkzeuge ebenfalls keine unmittelbare Gefahr für das Holz darstellten. Allerdings nutzten Amseln dieses Angebot regelmäßig als Futterstelle und hinterließen mit ihren scharfen Schnäbeln deutliche Spuren im weichen Balken. Außerdem führte selbst das behutsame Entfernen des Mooses durch die Restaurator*innen unvermeidlich jedes Mal zu einem gewissen Verlust von Originalsubstanz. Bei der Erforschung von Möglichkeiten zur Verbesserung der Erhaltungsperspektive erwies sich UVC-Bestrahlung als geeignete Methode zur Vermeidung von neuem Bewuchs – und hier knüpfen wir nun an den Beginn des Beitrags an.

Nach erfolgreichen Testreihen mit einem Prototyp wurde in Kooperation mit einer Spezialfirma der Plan für eine schienengeführte, automatisierte UVC-Bestrahlungseinheit entwickelt, die im kommenden Frühjahr montiert werden soll. Gerade werden bei abgelassenem Wasser Reinigungsarbeiten und Reparaturen erledigt, bevor der Kiesuntergrund für die Führungsschienen, auf denen später das Bestrahlungsboot laufen soll, exakt ausgerichtet wird. Wir sind schon sehr gespannt darauf, wie das in der Praxis funktionieren wird! Parallel zu den Vorarbeiten laufen zurzeit Überlegungen, diese Sonderlösung im Rahmen eines Fachkolloquiums vorzustellen und auszuwerten. An der Thematik Interessierte sind herzlich zum Austausch mit dem Autor eingeladen.

1 Kommentar zu “Ebbe im Stauferhafen?

  1. Reinhard Fröhlich

    Vielen Dank für die Darstellung des Problems und der Lösung. Das hört sich an wie ingenieur Neuland? Bin gespannt und drücke die Daumen!

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