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Ein Rothschild-Pokal für die Luftfahrt

Im Oktober 2020 konnte das Historische Museum Frankfurt aus Privatbesitz einen Pokal erwerben, der als Preis für einem Wettbewerb der Internationalen Luftfahrt-Ausstellung 1909 in Frankfurt ausgesetzt war. Die Ausstellung fand auf dem Ausstellungsgelände der Festhalle statt und hatte über 1, 5 Millionen Besucher*innen.

Die Spenderin des Pokals war die „Freifrau Wilhelm von Rothschild“. Hannah Mathilde von Rothschild (1832-1924) war die zweitälteste Tochter von Anselm Salomon Rothschild (Wien). Sie heiratete 1849 Wilhelm Carl von Rothschild, Sohn von Karl Mayer (Neapel). Nach dem Tod von Amschel Mayer (Frankfurt) übernahm Wilhelm Carl 1855 die Leitung des Frankfurter Bankhauses. Der Wohnsitz des Ehepaares war zunächst im großen Haus Zeil 34 (Heute: Nr. 92) und ab ca. 1865 das Schloß Grüneburg im Grüneburgpark.  Ab 1888 erbauten sie als Sommersitz die Villa Rothschild in Königstein. Hannah Mathilde und Wilhelm hatten drei Töchter. Mit Wilhelms  Tod 1901 wurde das Frankfurter Bankhaus liquidiert und von der Diskonto-Gesellschaft übernommen.

Ein historische schwarzweißfoto: eine Frau sitzt an einem Schreibtisch und liest. Hinter Ihr stehen auf einem Kaminsims Blumen und Porzellangegenstände
Illustriertes Blatt, Mathilde Hanna von Rothschild (1832-1924) an ihrem Tisch, Fotografie, Portrait, Frankfurt am Main

Mathilde Rothschild war eine der reichsten Frauen des Reiches. Sie sammelte Antiquitäten und war musikalisch ambitioniert. Sie gab kulturelle Gesellschaften im Grüneburgschlösschen und auf dem Sommersitz in Königstein. Die Eheleute förderten die Universität, das Kunstgewerbemuseum und sehr viele caritative Einrichtungen: Lungenheilstätte Ruppertshain; Frauenheime in Bad Nauheim und Baden-Baden; Mathilde von Rothschildsches Kindeshospital; Rothschildscher Fond zur Linderung der Not; Rothschildsches Altersheim; Stiftung zur Förderung des Kunstgewerbes; Hospital.  Ihr Schwiegersohn Maximilian von Goldschmidt-Rothschild war Mitglied im „Großen Ausschuß“ der ILA. Er starb 1940 in Frankfurt und war damals einer der reichsten Männer Preußens.

 

Der Deckel des Silberpokals wird von einem durchbohrten Bergkristall überragt, der als Personenballon eine Gondel trägt.  Der Pokal hat oben umlaufend die Umschrift GESTIFTET VON FREIFRAU WILHELM VON ROTHSCHILD (Blume) und unten DEM SIEGER IM WETTBEWERB DER ILA 1909 (Blume). Dazwischen ist eine ziselierte Stadtansicht von Frankfurt dargestellt. Der Pokal steht auf drei Füßen, in deren Feldern das Stadtwappen, das Festgelände der ILA und der Römer, jeweils im Hintergrund rot emailliert dargestellt werden.

Der Pokal stammt aus der Silberwerkstatt von Felix und  Leo Horovitz. Leo Horovitz (1876-1964) war Medailleur, Bildhauer und Ziseleur.  Leo Horovitz war Privatschüler von Josef Kowarzik und bildete sich in München und Paris weiter. Seit 1901 betrieb er mit seinem Bruder Felix (1877-1928) ein Silberwarengeschäft in der Schillerstraße; Der Vater , Markus Horovitz, war 1878 zum Rabbiner der Frankfurter Israelitischen Gemeinde berufen worden. Leo und sein Bruder Felix Horovitz fertigten kunstgewerbliche Silberarbeiten und jüdische Kultgegenstände an – viele sind heute im Jüdischen Museum Frankfurt. Das HMF besitzt 24 meist großformatige Medaillen von Leo Horovitz, Frankfurter Persönlichkeiten und Anlässe darstellend. 1939 emigrierte er nach London. Ein weiterer Bruder war der bedeutende Orientalist Josef Horovitz (1874-1931), seit 1915 Professor für Semitische Sprachen an der Universität Frankfurt.

Der Pokal war einer der Ehrenpreise der Internationalen Luftfahrtausstellung 1909 in Frankfurt. Zu Beginn der Ausstellung standen Preisgelder von 200.000 M in bar zur Verfügung. Aufgeteilt in 58 Geldpreise wurden sie in der Fliegerwoche vergeben. In bar stiftete Mathildes Schwiegersohn Max von Goldschmidt-Rothschild 5000 Mark und der Enkel Rudolf von Goldschmidt-Rothschild 2000 Mark. Beide Preise waren Hauptpreise des Wettbewerbs um die meisten Flüge von wenigstens 30 Sekunden.

Gemälde, auf dem neben einem riesigen hangar ein Zeppelin und ein Fesselballon schweben. Auf der Rasenfläche stehen viele Menschen
Fritz Wucherer, Aufstieg des Fesselballons auf der ILA, Frankfurt, 1909

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