Neudenken + Entwerfen

Frankfurt Main/Crime

 

Zwischen stolzer Stereotypisierung und sachlichem Abwiegeln verhandelt Frankfurt jedes Jahr aufs Neue seinen ambivalenten Ruf als Hauptstadt des Verbrechens. Aber wie kriminell ist Frankfurt wirklich und woher kommt das Klischee?

In den letzten Vorbereitungen für die Diskussionsveranstaltung „Hauptstadt des Verbrechens – ist Frankfurt eine kriminelle Stadt?!“ (9.7. um 18.30) stehen wir vor einem Berg von recherchiertem Material und fühlen uns selbst ein bisschen wie Ermittlerinnen: auf der Suche nach dem verlorenen Image – schaut man nämlich genauer hin, löst sich das Bild schnell in unzählige Details auf. Zwischen historischen Straftaten, mysteriösen Mordfällen, erhellenden Statistiken und expliziten Rap-Texten wird klar, dass Kriminalität ein relatives Konzept ist, eine multifaktorielle Gemengelage.

Trotzdem kristallisieren sich einige Spuren heraus, die es lohnt weiter zu verfolgen. Kriminalfälle regen damals wie heute zu fiktionaler und medialer Weiterverarbeitung an: Goethe entwickelte die Faust-Figur „Gretchen“ auf Grundlage der Prozessakten zum Fall Susanna Margaretha Brandt, die als Kindsmörderin 1772 in Frankfurt  hingerichtet wurde und der unaufgeklärte Mord an der „Edelprostituierten“ Rosemarie Nitribitt wurde in Verfilmung und medialer Berichterstattung prominentes Beispiel für die bürgerliche Doppelmoral der 1950er und 1960er Jahre in Deutschland. Diese spektakulären Fälle dienten als Projektionsfläche für gesellschaftliche Tendenzen und deren Kritik. Gleichzeitig zeigt sich in Frankfurt-Krimis, ob in literarischen oder filmischen Formaten, stets die Reproduktion krimineller Stereotypen, die Hinweise auf die stadttypischen Orte und Formen des Verbrechens geben. Als Verkehrs-Drehscheibe und Bankenstadt passieren in Frankfurt vermehrt Delikte, die in diesen Bereichen angesiedelt sind und in der Kriminalitätsstatistik schwer ins Gewicht fallen – eine quantiative Verfälschung des Tatbestands?

Der Fall der kriminellen Stadt scheint verzwickt, Fiktion und Realität sind ineinander verwoben, was ist wahr/falsch? Der analytische Blick des Armsesseldetektivs ist gefragt – darum haben wir vier Experten eingeladen, Licht in die Sache zu bringen: Janneke Rauscher (wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Goethe-Universität, kennt sich bestens mit „Städtischer Eigenlogik im Medium zeitgenössischer Kriminalliteratur“ aus), Bernd Belina (lehrt und forscht im Bereich der kritischen Kriminalistik und Humangeographie an der Goethe-Universität), Nikola Hahn (kennt die Materie als Krimi-Autorin und Polizistin von beiden Seiten) und Alexander Röhrich (ist als leitender Kriminaldirektor des Polizeipräsidiums jeden Tag mit diesen Fragen konfrontiert).

Und letztendlich sind wir im Museum ja auch zur Genüge mit dem Wechselspiel von Fiktion und (historischen) Fakten vertraut – sobald der Fall gelöst ist, bauen wir daraus eine überdimensionale Schneekugel, die es in sich hat… bis dahin freuen wir uns auf spannende Ermittlungen – Hinweise aus der Bevölkerung sind erwünscht!

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