Ausstellen

Großes Kino

Ausstellungen im Museum sprechen vor allem erst einmal den Augensinn an: Die Besucherin, der Besucher betritt einen Raum, in dem ins rechte Licht gerückte („inszenierte“) Objekte einen visuellen Eindruck erzeugen, neugierig machen, die Dinge in den Vitrinen, die Fotos an den Wänden näher anzusehen. In einem nächsten Schritt liest man Texttafeln und Objektschilder, lauscht vielleicht einem Audioguide – und auf diese Weise kommt mit einer Unmenge an Informationen zum ersten, eher die Gefühle der Besucher ansprechenden Eindruck noch die kognitive Ebene dazu. Kognition und Emotion – das macht eine Ausstellung aus.

In dieser Hinsicht hat es unsere derzeitige Sonderausstellung Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg schwer. Wir haben diese Wanderausstellung mit fast hundert Bild/Texttafeln, zehn Audio- und drei Videostationen zwar mit historischen Objekten zu einzelnen Themen „angereichert“, aber die Gefühle kommen doch eher kurz. Und das in einer Ausstellung, die dazu beitragen soll, Respekt für das Tun und das Leiden der Menschen aus und in denjenigen Weltregionen zu fördern, die in der europäischen Perspektive der Geschichtsschreibung des Krieges kaum vorkommen.

Diesem Mangel hat unser Rahmenprogramm Abhilfe geschaffen. Am Freitag zeigte die Frankfurter Brotfabrik ein Hiphop-Tanztheater der Straßburger Künstlergruppe „Mémoires Vives“. Unter dem Titel „Die vergessenen Befreier“ (Originaltitel: A Nos Morts) erlebten die Besucher in zwei ausverkauften Veranstaltungen eine Collage aus historischem Filmmaterial in riesigen Videoprojektionen und Break Dance-Szenen, mit gerappten Texten (in Französisch, aber mit deutschen Übertiteln). Die Akteure sind teils ehemalige Sozialarbeiter, teils Nachfahren der afrikanischen und indochinesischen Soldaten und Zwangsarbeiter, die das „Mutterland“ Frankreich in den beiden Weltkriegen unterstützten – ohne dass aber ihr Einsatz nach dem Krieg gebührend gewürdigt worden wäre. Ganz im Gegenteil: Man hat Sold- und Rentenzahlungen willkürlich gekürzt, ihre Bestrebungen nach Autonomie vom Mutterland niederkartäscht – und bis heute erfahren ihre Nachfahren in Frankreich alltägliche Diskriminierung. Das Tanztheater hat dafür starke Bilder geschaffen, die zu den wichtigen Informationen auch die Emotion hinzufügten.

Einen kleinen Eindruck von der Aufführung gibt es hier

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