Von den vier Vitrinen mit Stadtmodellen, die bis vor Kurzem noch im Altbau des Museums zu sehen sind, erregt die Darstellung des Zustands  der Altstadt in den 1980er Jahren die geringste Aufmerksamkeit der Museumsbesucherinnen  und -besucher.  Dennoch betrachtete ich mir während  meiner gelegentlichen ehrenamtlichen Tätigkeit  in der Bibliothek der Alten oft die städtebauliche Situation vor den in den vergangenen Jahren begonnenen großen baulichen Veränderungen im Kern der Altstadt. Ich gestehe – die jüngeren Leserinnen und Leser mögen mir das nachsehen – dass ich dabei manchmal mit etwas Wehmut auf das Modell des 2011 abgerissenen Museums blicke. Dabei wurden auf den knapp 40 Jahre alt gewordenen Bau zumindest in den letzten Jahren seines Bestehens mit den wenig schmeichelhaften Bezeichnungen „Betonklotz“ und  „Monster“ wahrlich keine Loblieder gesungen.

Mir fällt bei der Erinnerung an das alte Gebäude dagegen die Aufbruchstimmung  in den 1970er Jahren ein. Aus Begeisterung bin ich seinerzeit in den „Frankfurter Verein für Geschichte und Landeskunde“ eingetreten – den Förderverein der „Freunde“ gab es damals noch nicht. In der bizarren, von den konservativen Medien angefachten Debatte um die Schrifttafeln, mit denen die Exponate des Historischen Museums seinerzeit erläutert wurden, fühlte ich mich auf der sicheren, aufklärerischen Seite der angefeindeten Kuratoren. Aber vor allem erinnere ich mich gut an die Anfänge des heute im Filmmuseum betriebenen Kommunalen Kinos, an Jazzkonzerte im Innenhof mit dem stoischen Saxofonisten Jan Gabarek und an ein zünftiges Besäufnis anlässlich des Abschieds eines Bankkollegen in der stilgerecht eingerichteten Frankfurter Stube. Nun – die Schlachten sind geschlagen, der „Beton des Anstoßes“ ist nach langer Diskussion über die Alternative einer grundlegenden Sanierung endgültig weg. Angesichts des eindrucksvollen Neubaus  des Museums und seiner erweiterten Ausstellungsmöglichkeiten sind meine Phantomschmerzen denn auch begrenzt . Dennoch: der Betonbau war – ebenso wie das abgerissenen Technische Rathaus, auch das kein Lieblingskind der Frankfurter – ein typisches Beispiel für die Architektur der 1970er Jahre. Von dem ebenfalls abgerissenen Bundesrechnungshof, einem durchaus denkmalswürdigen Prototyp der 1950er Jahre, steht nur noch eine potemkinsche  Eckwand. Könnte man vielleicht zu den Spolien an der Außenwand des Museumsneubaus für Nostalgiker wie mich nicht noch ein Stück Sichtbeton aus den Trümmern des alten Museum einfügen?

Deswegen dürften Nostalgiker wie ich es als eine schöne Geste empfinden, dass in der neuen Dauerausstellung Frankfurt Einst? des Museums an prominenter Stelle wenigstens ein Betonfragment des Altbaus zu sehen sein wird, das Haus also zu seiner Geschichte steht..

historisches museum frankfurt: der Betonbau vor dem Abriss, 2009

 

 

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