Ausstellen

Vorhang auf für die Karte und Zeichnung als Bühne

Heute möchte ich zwei Stadtlaborant*innen und ihre Arbeiten vorstellen. Esther Ernst und Katharina Müller haben sich beide künstlerisch mit dem subjektiven Blick auf die Stadt für unsere aktuelle Stadtlabor Ausstellung „Stadt-Blicke. Eine subjektive Frankfurt-Kartographie“ auseinandergesetzt – und zwar auf ganz unterschiedliche Art und Weise.

Esther Ernst wanderte zwei Wochen durch Frankfurt und kartierte ohne Punkt und Komma die Stadt. Ich durfte sie während ihres Aufenthaltes näher kennenlernen und war gleich sehr angetan von ihrer Vorgehensweise. Bei einem Mittagessen in der Kleinmarkthalle erzählte sie mir, dass das Papier ihre Bühne ist. Als studierte Bühnenbildnerin und bildende Künstlerin war ihr jedoch das klassische Arbeiten mit der Theaterbühne zu zeitaufwendig und kostspielig. Also verlagerte sie in ihrer künstlerischen Praxis die Bühne aufs Papier. Seit jeher entstehen subjektive Karten, Arbeiten auf Papier in Form eines klappbaren Faltplans in Anlehnung an den Falk-Plan. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Zeit, als man sich Städte mit Falk-Plänen und nicht mit Google-Maps erschloss?

In Frankfurt kartierte Esther Ernst alles was ihr über den Weg lief und manchmal ver-zeichnete sie sich auch dabei. Es gibt Straßennamen, die gibt es gar nicht, in ihrer Erinnerung gehören sie aber zu Frankfurt. Wir erkennen auf ihrer Flanier-Karte markante architektonische Gebäude, den Grüngürtel, schnelle Bewegungsmuster an Straßenkreuzungen und in der Legende lesen wir, dass sie von Leuten denen sie begegnete, in den 42. Stock eines Hochhauses eingeladen wurde. Ein Gesamtkunstwerk vor dem man sehr viel Zeit verbringen kann und vieles Bekanntes und Unbekanntes entdeckt!

Ganz anders bewegte sich Katharina Müller 2015 durch Frankfurt. Die Künstlerin und Frankfurterin begleitete 2015 Aktivist*innen der Blockupy Bewegung zeichnerisch in ihrer Bilderserie Des Nachts. Mit schnellen Linien (weiße Kreide auf schwarzem Papier) hielt sie die Szenen fest. Im Vordergrund der Szenen erkennen wir die Umrisse von Menschen (und Hunden), die Plakatieren, Sprayen und durch die Stadt ziehen. Sie rufen zum gesellschaftspolitischen Wandel und zur Demonstration des Blockupy-Bündnisses auf. Im Hintergrund erkennen wir das Euro-Zeichen am Willy-Brand-Platz, die Commerzbank, Messeturm, Hauptbahnhof und die EZB. Der Streifzug durch die Stadt und die vermittelte Botschaft erschließt sich aus den 27 Zeichnungen. Ganz reduziert bringt Katharina Müller ihre Beobachtungen ganz wunderbar auf den Punkt und schafft es, in ihrer Arbeit die Betrachtenden mitzunehmen.

Die Ausstellung „Stadt-Blicke“ mit 36 Ausstellungsbeiträgen ist noch bis zum 10. April im Stadtlabor des Historischen Museum Frankfurt zu sehen.

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