Neudenken + Entwerfen Sammeln + Pflegen

„Was wollen Sie denn wissen?“

– „Alles, was Sie wissen!“

Wer kennt diese Situation nicht: Man ist im Museum und sucht ein bestimmtes Exponat oder hat eine Frage zur Ausstellung, aber es ist niemand da, der einem helfen kann. Das Historische Museum setzt genau hierfür Publikumsbetreuer*innen ein. Sie sind insgesamt 20 Student*innen, die sich in den Dauer- und Sonderausstellungen des Historischen Museums aufhalten und bei jeglichen Anliegen weiterhelfen können – egal, ob es eine Frage oder Kritik zur Ausstellung ist, oder ob jemand lediglich den Weg zur Toilette sucht. Heute erhaschen wir einen Blick hinter die Kulissen und lernen den Alltag einer Publikumsbetreuung kennen.

Andreas Jung ist bereits seit 3 Jahren als Publikumsbetreuung im Museum und kennt sich mit den Aufgaben, den Ausstellungen sowie den Besucher*innen bestens aus. Im Interview erzählt er uns von seinen Erfahrungen.

Publikumsbetreuung Andreas Jung steht in der Sonderausstellung "Inflation 1923: Krieg, Geld, Trauma"
historisches museum frankfurt: Arbeitsplatz in der Sonderausstellung „Inflation 1923: Krieg, Geld, Trauma“

Lieber Andreas, vielen Dank, dass du dich bereit erklärt hast, dieses Interview mit uns zu führen! Erzähl doch erstmal, wie und wann du zur Publikumsbetreuung im HMF kamst.

Das ist jetzt schon ein bisschen länger her. Das war Mitte 2020, direkt in der Corona-Krise. Damals hatte ich einen Job in einem anderen Museum. Ich habe mich auf die Stellenausschreibung für die Publikumsbetreuung hier im HMF beworben und konnte auch direkt anfangen. Das war natürlich ein besonderer Einstieg, weil damals die Corona-Richtlinien noch sehr strikt waren. Dadurch war die Interaktion nicht so intensiv und die Arbeit dadurch noch etwas monoton, aber das ist Gott sei Dank vorbei.

Wie sieht denn eine typische Schicht als Publikumsbetreuung im HMF aus?

Die Schichten gehen meistens 3,5 Stunden, also nicht so lange. Bei mir sieht das so aus, dass ich erstmal in den Ausstellungsbereich komme, in dem ich tätig bin – also wir sind ja im Neubau auf den Ebenen 1 bis 3 und in der Sonderausstellung tätig. Da gehe ich erstmal durch die Ausstellung, gucke, ob die Geräte an sind, ob etwas zu melden ist, ob etwas aufzuräumen ist. Bei den Hands-on-Stationen achte ich darauf, ob da einigermaßen aufgeräumt ist, damit die Besucher direkt damit interagieren können.

Danach befinde ich mich die Schicht über meistens am Eingang der Ausstellung, weil man die Besucher da sehr gut abgreifen kann. Ich begrüße sie, gebe ihnen eine kurze Einleitung, wenn sie möchten – das ist auch auf Englisch möglich! Und dann stehe ich ihnen natürlich für Fragen zur Verfügung. Manchmal begleitet man die Besucher auch in der Ausstellung und spricht mit ihnen über die Eindrücke oder über die Thematik der Ausstellung. Und am Ende der Schicht trage ich mich aus, verabschiede mich und gehe nach Hause.

Andreas Jung in der Dauerausstellung "Frankfurt Einst?". Er zeigt auf eine Abbildung des historischen Frankfurt
Andreas Jung in „100x Frankfurt“ in der Dauerausstellung „Frankfurt Einst?“

Wenn du für jegliche Fragen zur Verfügung stehst – hast du denn auf alles eine Antwort?

Nein, das ist auch gar nicht möglich. Die Ausstellungen sind so vielfältig und haben so viel Inhalt, dass man nicht alles weiß. Und im Gegensatz zu einer Führung, wo man einen dauerhaften Kontakt hat, nehmen wir Publikumsbetreuer*innen die Besucher eher an die Hand und geben ihnen eine kurze Einführung oder Erklärung zu der Sache. Wir erklären auch mal die Hands-On-Stationen oder interaktive Objekte. Oder was natürlich auch vorkommt, ist, dass die Leute wissen wollen, in welchem Ausstellungsbereich sie gerade sind und wie sie sich zurechtfinden können.

 

Apropos verschiedene Ausstellungsbereiche: Wo hältst du dich denn am liebsten auf?

Es ist immer interessant, in den Ausstellungen zu arbeiten, weil es ein dauerhafter Wechsel ist. Heute war mein erster Tag in der Ausstellung „Inflation 1923“ und das ist immer sehr interessant, sich nach den Einführungen und Materialien, die wir bekommen, praktisch mit den Exponaten vertraut zu machen und sich das erste mal mit den Besuchern dort auseinanderzusetzen. Außerdem kommt man mit den Besuchern der Sonderausstellungen häufig besonders gut ins Gespräch. Sie erzählen einem von Ereignissen und geben einem neue Informationen. Also der Strom der Informationen geht nicht nur in eine Richtung (von uns zu den Besuchern), sondern genauso auch andersherum.

Kannst du von den Besucher*innen manchmal etwas Neues dazulernen?

Ja, auf jeden Fall. Es ist sehr oft so, dass die Besucher, wenn man mit ihnen ins Gespräch kommt, schneller auf eigene Erfahrungen oder Ideen zu sprechen kommen, wie gewisse Sachen aussehen könnten oder aussahen. Das ist genau das wichtige hier im Historischen Museum Frankfurt, dass man mit Personen von außerhalb sowie mit Frankfurter*innen über die Sachen spricht.

Was würdest du (potenziellen) Besucher*innen gerne mal sagen?

Dass ich gerne mit den Besuchern spreche und dass sie es gerne auch kommunizieren können, wenn sie kein Interesse daran haben. Das ist das Einzige, was manchmal etwas schwierig ist, wenn man ignoriert wird oder nicht als Mitarbeiter anerkannt wird. Meistens ist es ja nicht so, wir haben Gott sei Dank auch Namensschilder mit Bild.

Roter Button mit Aufschrift: "Ask me. I am happy to help"
historisches museum frankfurt: Button mit Aufschrift: „Ask me. I am happy to help“

Würdest du dir auch wünschen, dass die Besucher*innen mehr Mut haben, dich anzusprechen?

Ja. Durch das Konzept der Publikumsbetreuung kann man einen sehr interessanten Kontakt und einen sehr interessanten Besuch gestalten. Vor allem in einer Dauerausstellung können so auch mal andere Aspekte gesehen werden. Darum ist es immer schön, wenn die Leute auf einen zukommen und selbst aktiv fragen. Letztens war ein junger Mann da, der hat gefragt: „Können Sie mir was zur Frankfurter Küche erzählen?“ Dann habe ich gefragt: „Was wollen Sie denn wissen?“ Und er hat gesagt: „Alles, was Sie wissen.“ Und dann waren wir 20 Minuten lang an der Frankfurter Küche und haben über alles Mögliche gesprochen. Das sind manchmal die schönsten Momente am Arbeitstag.

0 Kommentare zu “„Was wollen Sie denn wissen?“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert