Uwe Z. ist Praktikant im Historischen Museum Frankfurt und er ist blind. Hier gibt er „Einblicke“, wie er seinen täglichen Arbeitsweg wahrnimmt und worauf es dabei ankommt.
Fällt das Sehen weg, spielt sich die Wahrnehmung viel im akustischen Bereich ab. Mein „Radar“ dient der 360-Grad-Absicherung: An einer stark befahrenen Straße entlanggehen, das aus einer Toreinfahrt kreuzende Auto wahrnehmen, gleichzeitig auf Fußgänger und Radfahrende achten: Das alles bedarf einiger Übung und Konzentration.
Einen neuen Weg, in diesem Fall von der U-Bahnstation zum HMF, muss ich erlernen. Aus bekannten Streckenabschnitten, akustischen Ampeln und Noppenmarkierungen erstellt man sich im Kopf einen Streckenplan, den man dann mit sehender Begleitung einstudiert. Bei diesen Testläufen ergänzt der blinde Mensch seinen Weg durch weitere Markierungspunkte: Wechselnde Bodenbeschaffenheiten, Toreinfahrten, an denen sich die Akustik verändert, aber auch fest montierte Mülleimer oder Fahrradständer.
Ich habe Glück! Mein täglicher Arbeitsweg verläuft hauptsächlich durch eine Fußgängerzone und an einem wunderschönen Platz vor dem Dom entlang. Sollte ich mich also einmal „verlaufen“, gibt es immer jemanden, den ich nach dem Weg fragen kann. Schwierigkeiten tauchen immer auf, ein Moment der Abgelenktheit kann gefährlich sein: Ein LKW, der Geschäfte beliefert, eine neue Baustelle. Auch wenn der Arbeitsweg irgendwann zur Routine wird, gilt es doch stets, die Konzentration hochzuhalten. Dein Ziel erreichst du nur unbeschadet, wenn du für unaufmerksame Verkehrsteilnehmende mitdenkst.
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