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Ein „siamesischer“ Drillingsbecher im Depot

Siegburger Drillingsbecher: Irgendwie war mir bewusst, dass es sich wohl um eine Kombination aus drei Bechern handeln wird, die im Museumsdepot auf mich warten. Doch nachdem ich den Becher in der Hand hielt, möchte ich eine Namensänderung beantragen: siamesischer Drillingsbecher. Passt besser, denn die drei kleinen Becher sind zu einem Becher vereint, ihr Inneres ist jedoch eigenständig.

Wofür braucht man denn so einen Becher? Das ist jedoch nicht die einzige Frage, die der Becher aufwirft, denn nicht nur die Verwendung des Bechers ist auf den ersten Blick mysteriös, sondern auch der großzügige Spender, dank dem das gute Stück inzwischen zu der Sammlung des Historischen Museums gehört und zwar schon sehr, sehr lange: wenn man es genau nimmt, am längsten, denn der Siegburger Drillingsbecher ist einer der 4 defekten Steinzeugkrüge, die durch Johann Georg Kugler von der Synagoge in der Schützenstraße in unser Haus kamen.

Doch eins nach dem anderem. Das gerade einmal 10 cm hohe Objekt stammt wohl aus dem Jahr 1600, wie ich schon ganz im Stile Sherlock Holmes’ herausfinden konnte. Es handelt sich dabei um Steinzeug aus Siegburg, es war sehr begehrt und auch teurer als andere Steinzeugobjekte, da der Ton sehr fein und fast weiß war. Verziert ist unser Drillingsbecher mit einer Art Rautenförmigen Muster aus geraden Strichen. Bis ein Töpfer so ein kleines Kunstwerk für den Alltag herstellen konnte, musste er 6 Jahre in die Lehre gehen – so schrieb es die Zunftordnung vor. Wofür man so einen Drillingsbecher nutzen kann, das ist erst einmal nicht so offensichtlich, aber eine Möglichkeit konnte ich finden: zur Aufnahme der Heiligen Öle Chrisam, Katechumenenöl und Krankenöl. Für alle Nicht-Katholiken dort draußen: die Heiligen Öle sind Salböle, die in der katholischen und der ostkirlichen Liturgie verwendet werden.  Ob unser Drillingsbecher mal Teil der katholischen Liturgie war, ist schwer zu sagen.

Es wäre jedoch ein netter Zufall, wurde er doch auf dem Grundstück der Synagoge in der Schützenstraße bei Fundament-Arbeiten gefunden. Doch was hat Johann Georg Kugler damit zu tun? Wer besagter Herr Kugler war, ist auch nicht ganz so leicht herauszufinden und nur durch einen Zufall finde ich seinen Namen in einem Adress-Buch aus dem Jahr 1877: Kugler, Joh. Georg, Maurer und Bauunternehmer, wohnhaft in der Fichardstraße 56p steht dort. Ein Puzzlestein mehr, der in das große Bild zu passen scheint. Doch warum behielt Kugler das Fundstück und übergab es nicht den Bauherren, der Israelitischen Religionsgemeinschaft? Ich werde weiter recherchieren, denn wie schon der große Sir Arthur Conan Doyle wusste: Es ist ein schwerwiegender Fehler, eine Theorie aufzustellen, bevor man alle Unterlagen hat: Sie wirkt sich auf das Urteil aus.

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