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Lackkonservierung des „Baldur-Flügels“

Seit Sommer 2012 besitzt das HMF einen Flügel des Klavier- und Flügelherstellers Baldur aus Frankfurt am Main. Das besondere an dem Instrument ist, dass das Gehäuse von Ferdinand Kramer (Architekt und Designer in Frankfurt, 22.01.1898 – 4.11.1985) entworfen wurde.

 

Im 20. Jahrhundert verstärkte sich ein Trend: Die fortschreitende Technisierung der Mechanik im Flügelbau führte zu einer ausgesprochenen Vorliebe für neue Materialen beim Bau des Klangkörpers und bei der Materialauswahl der Oberflächengestaltung. Die Lackoberfläche des sog. „Baldur-Flügels“, um 1927, ist sehr zerkratzt und mit Kunststoff beschichtet.

Das ist ungewöhnlich: Eigentlich wurde bis weit in die Mitte des 20. Jahrhunderts sehr traditionell gearbeitet. Schellack oder Firnispolitur gaben dem Objekt Glanz und Brillanz! Zwar hatten in anderen Industriebereichen (z.B. Wagenbau) längst andere Oberflächen-verfahrensweisen Einzug gehalten, aber in der Klavierbauindustrie findet man z.B. Polyesterlackoberflächen erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts vor; sie sind relativ unempfindlich und glasklar.

Eine Querschliffuntersuchung und Betrachtung unter dem Mikroskop (ultraviolettes Licht, 80fache Vergrößerung) ergab, dass sich unter der Kunststofflackfläche eine originale Harzlackschicht auf tief-schwarz eingebeiztem Furnierholz befindet. Diese Lackoberfläche reagiert sehr empfindlich auf Ethanol, was ein Indiz für ein Naturharz ist. Weitere lackanalytische Untersuchungen konnten im Rahmen dieser Arbeit nicht durchgeführt werden.
Eine Abnahme der Kunststofflackfläche schied aus konservatorischen Gründen aus. Fehlstellen wurden mit Aquarellfarbe retuschiert und Lackkratzer mit einem Schellack-Lavendelölgemisch auspoliert. Der Baldur-Flügel zeigt sich nun wieder mit einer optisch fast geschlossenen Lackoberfläche, die originale Harzlackoberfläche ist darunter jedoch für weitere Generationen erhalten.
Hier hat sich beispielhaft gezeigt, dass Lackoberflächen an Instrumenten, auch wenn sie verhältnismäßig jung sind, vor einer Oberflächenbehandlung eine detaillierte Oberflächenbetrachtung und – wenn möglich – Analyse verlangen. Ansonsten werden Materialien und technologische Lacksysteme unwiederbringlich zerstört.

2 Kommentare zu “Lackkonservierung des „Baldur-Flügels“

  1. FK ist am 4.11. 1985 verstorben. Nicht am 4.4. – wie Sie hier schreiben…

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