Neudenken + Entwerfen

Digitale Museumspraxis #1 – Kick-Off

Heute haben wir im Historischen Museum eine Pressekonferenz veranstaltet, um der ganzen Welt zu sagen, dass wir seit 1. März 2016 einen neuen Arbeitsbereich bespielen dürfen: Ladies and Gentlemen, please welcome die digitale Museumspraxis! Dazu gibt es, zack, auch eine neue Kuratorinnenstelle für die das Museum mich ausgewählt hat. Darüber freue ich mich sehr – endlich können wir die über alle Abteilungen verstreuten digitalen Projekte gebündelt betrachten und mit einer nachhaltigen Strategie versehen. Die Aventis Foundation schenkt uns drei Jahre für dieses Vorhaben – vielen Dank!

Und trotzdem: drei Jahre? Das ist ja nichts, um einen neuen Arbeitsbereich zu konzipieren und zu implementieren. Wir werden viel Vernetzungsarbeit leisten müssen, im Museum und außerhalb, denn es geht darum die digitale Kultur (free open culture, mobil und flexibel, Benutzerorientierung) mit der Museumspraxis zu verbinden. Damit das von Anfang an gelingt, spannen wir auch diesen hervorragenden Blog ein und werden in den nächsten drei Jahren regelmäßig von unseren Erfahrungen berichten, Fragen stellen und den Arbeitsstand dokumentieren.

Ohje, so schaufelt man sich also das eigene Workload-Grab… aber es hilft nichts, wir bauen im Historischen Museum auf die Grundprinzipien der partizipativen Museumsarbeit: Kommunikation auf Augenhöhe, Vernetzung mit Akteuren, kollaborative Produktivität, begleitende Moderation des Prozesses und Evaluierung. Und wir werden nicht davor zurückschrecken sie auch und gerade für die Entwicklung der digitalen Museumspraxis einzusetzen. Denn hier passen sie besonders gut: in meinen ersten Recherchen zum Thema bin ich häufig auf den Begriff „digital mindset“ gestoßen, der jeder digitalen Strategie oder etwa einer Social-Media-Kanal-Armada vorausgehen sollte. Die Quintessenz ist: wenn wir digital sagen, meinen wir nicht Kanäle oder Technologie, sondern die Grundwerte der Internet-Kultur: „[D]igital is shorthand for ‘we accept the internet values of usability, needs focus and agility’.“

Die längere Version mit ein paar mehr Denkschritten und vielen Links geht so:

Im Horizon Report werden diese und weitere Gedanken ausführlich dargestellt und mit dem Kontinuum der Partizipation zusammen gedacht. Das Museum braucht Austausch und Kommunikation miteinander, um sich als relevanter Ort in der Stadtgesellschaft zu behaupten: „The participatory museum is both a philosophy and strategy that, while not requiring technology to implement, leverages new modes of communication to make cultural institutions a more relevant, constructive piece of society.”. Für das Historische Museum führen diese Überlegungen direkt zurück zum eigenen Selbstbild (kommunikativ, offen, nahbar), das durch digitale Medien noch effektiver realisiert werden kann. Für mich bedeutet das: the best of both worlds – ich liebe Museen und ich liebe das Internet. Wie gut, dass wir in Zukunft beide Welten noch stärker verschränken können. Oh und zu der Frage, ob und wie digital gesondert, verschränkt oder überhaupt nicht mehr einzeln betont werden sollte, empfehle ich zum Abschluss diesen feinen Blogpost zum Thema Postdigitalität.

4 Kommentare zu “Digitale Museumspraxis #1 – Kick-Off

  1. Liebe Franziska,
    ich finde es toll, dass ihr alles so transparent und offen im Blog begleitet. Ich wünsche dir viel Erfolg bei der kommenden Bündelung und Vernetzungsarbeit. Da steckt auch viel „unsichtbare“ Arbeit dahinter, die nach außen hin nicht wahrgenommen wird. Ich freue mich, dass euer Museum so vorbildlich vorangeht und bin gespannt auf die nächsten Updates.
    Viele Grüße,
    Marlene

    • Franziska Mucha

      Liebe Marlene,
      merci für die direkte Rückmeldung und das Lob!
      Und klar: das Bloggen macht die „virtuelle“ Arbeit ein bisschen sichtbarer und vielleicht zeigt es rückblickend auch eine gute Übersicht über die Handlungsfelder und Tätigkeiten, die im Stellenprofil „Digitale Museumspraxis“ in Zukunft verortet werden können.
      Ganz abgesehen davon geht es auch wirklich um Austausch! Wir freuen uns über Fragen, Kritik, Diskussion – es wird momentan an so vielen Orten experimentiert und diskutiert – diesen gemeinsamen Lernprozess wollen wir unbedingt mitnehmen.
      In diesem Sinne, kollegiale Ostergrüße aus Frankfurt ;)
      Franziska

  2. Gratulation Dir zum neuen Job und dem Museum zum neuen Arbeitsbereich! In drei Jahren brauchen wir das „digital“ dann vielleicht gar nicht mehr vor der Museumspraxis, weil analog und digital eins geworden sind. Schön, dass Ihr diesen Entwicklungsprozess so offen kommuniziert, das hilft anderen Kultureinrichtungen sicher weiter.

    • Franziska Mucha

      Vielen Dank für die Gratulation! Ob die Museumsszene in drei Jahren wirklich schon so weit ist, dass Museumspraxis automatisch digital und analog zusammendenkt, wage ich zu bezweifeln. Aber die Reise geht dahin! Bis wir da sind, setzen wir die Segel unseres Analogdampfers noch mal verstärkt auf digital und berichten von unterwegs…

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