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Déjà-vu

Historisches Museum Frankfurt: Bibliothek der GenerationenDie Dauerausstellung Bibliothek der Generationen im neuen Ausstellungshaus des Museums enthält die unterschiedlichsten Beiträge der mittlerweile nahezu  100 Autorinnen und Autoren. Neben gebundenen Büchern mit maschinengeschriebenen, aber auch handschriftlichen Texten gehören dazu Kassetten mit Fotos, Zeichnungen, Briefen, Plänen und gegenständlichen Erinnerungsstücken. Der Beitrag des pensionierten Lehrers Wolfram Helbich ist ein Fotoalbum mit Wappenadlern an Frankfurter Gebäuden: Die Fotos mit Angaben der  Fundorte  zeigen den gekrönten Frankfurter Adler, das vielfach doppelköpfige Wappentier des Heiligen Römischen Reiches, den schlichten Adler der 1866 untergegangenen Freien Stadt Frankfurt sowie den preußischen und den martialischen Adler der Nazizeit; letzterer mit Spuren des entfernten Hakenkreuzes.

Auf einem der letzten Seiten des Albums – das der Wolfram Helbich mit einem erklärenden Text eingeleitet hat – habe ich auch den schmiedeeisernen Adler gefunden, mit dem mein Berufsleben begann und der mich viele Jahre begleitete. Am 1. Oktober 1964 ging ich als frisch gebackener Uni-Absolvent durch das Tor mit dem gekrönten Frankfurter Adler der Frankfurter Bank, die sich damals an der Ecke Neue Mainzerstraße/ Junghofstraße befand. Die frühere – später durch Fusion in BHF-Bank  umbenannte – Frankfurter Bank war 1854 als Notenbank der Freien Stadt Frankfurt gegründet worden und durfte deswegen das Wappen  der Stadt verwenden. Zu meinen ersten Aufgaben in der Bank gehörte es, eine Broschüre zu überarbeiten, mit der neue Mitarbeiter begrüßt wurden. Der erste Satz darin lautete: „Durch dieses Tor mit dem Adler werden Sie nun an jedem Arbeitstag unser Haus betreten“. Aus Ehrfurcht vor dem Autor dieses Satzes, der dem Vorstand angehörte, wurde diese Einleitung in den folgenden Neuauflagen bis zum Abriss des Gebäudes in den 1970er Jahren nicht mehr geändert. Nach langer Einlagerung des markanten Tors wurde sie in den 1980er Jahren in ein neues Bankgebäude eingebaut, das sich an der Ecke Neue Mainzer Straße/Neue Rothofstraße und damit schräg gegenüber dem alten Standort befand. Durch diesen Eingang  – er öffnete sich damals automatisch und brauchte nicht mehr mit großer Kraft bewegt zu werden – bin ich dann noch etwa 25 Jahre zu meinem Arbeitsplatz gelangt. Auch dieses Haus ist wieder abgerissen worden. Dass Frankfurter Gebäuden selten eine lange Existenz gegönnt wird, hat das Museum eindrucksvoll in der Schneekugel mit dem Modell Frankfurt =ewige Baustelle?! zum Thema gemacht. Gegenwärtig bildet das schmiedeeiserne Kunstwerk, Ende des 19. Jahrhunderts in einer Frankfurter Kunstschlosserei hergestellt,  ohne seine ursprüngliche Funktion eine Art Schmuckelement an dem heutigen Hauptgebäude der Bank in der Oberlindau/Ecke Bockenheimer Landstraße, am Rand des Rothschildparks. Immerhin: Die alte Frankfurter Bank hat zwar in den vergangenen 50 Jahren fünfmal ihren Namen und zweimal die Rechtsform geändert. Das Tor mit dem Adler – der jetzt auch in der Bibliothek der Generationen dokumentiert  ist – gibt es immer noch.

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