Ausstellen Neudenken + Entwerfen

Museum behind the scenes – oder: Wie macht man eigentlich eine Ausstellung?

Part I – Im Archiv und in der Sammlung

Das zentrale Element von Ausstellungen sind Objekte. Am Anfang steht die Idee zu einer Ausstellung, die meist durch bestimmte historische Anlässe vermittelt und in diesem Fall das Jubiläum der Einführung des Wahlrechts für Frauen vor 100 Jahren ist. Es folgt die Auseinandersetzung mit dem aktuellen Forschungsstand, die für das Damenwahl!-Projekt von einer wissenschaftlichen Tagung begleitet wurde. Prägend für den Schwerpunkt und die Ausgestaltung von Ausstellungen sind jedoch die Objekte. In dieser wichtigen Phase, der Suche und Auswahl von Objekten, stecken zurzeit die Vorbereitungen der kommenden Sonderausstellung „Damenwahl! 1918/1919 – Frauen in die Politik“.

Das kleine Projektteam, bestehend aus Dorothee Linnemann, Katja Koblitz und mir, hat das Glück, nicht nur auf die umfangreiche Sammlung des HMF zurückgreifen zu können, sondern auch mit dem Archiv der deutschen Frauenbewegung in Kassel einen Kooperationspartner zu haben, der mit viel Expertise und einer großartigen Sammlung das Projekt unterstützt. Das stiftungsgetragene Archiv sammelt, erforscht und publiziert seit Anfang der 1980er Jahre zu Frauenalltag und Frauenbewegung in Deutschland in der Zeit von 1800 bis in die 1960er Jahre. Für unsere Thematik geradezu eine Fundgrube! Mitte Januar waren die Vorrecherchen so weit gediehen, dass wir für einen Ortsbesuch vorbereitet waren.

Im Hinterhof: Die Eingangstür zum Archiv
historisches museum frankfurt: Im Hinterhof: Die Eingangstür zum Archiv

In einem Hinterhaus in der Nähe der Universität gelegen, erwarteten uns im Archiv nicht nur ein herzlicher Empfang, sondern auch Berge von Archivmaterial: Bücher, Zeitschriften, Fotoalben, Aktenbestände… Vier Tage Zeit brachten wir mit, die angesichts der Menge, die wir uns vorgenommen hatten, kaum ausreichend schienen. So stürzten wir uns ohne weiteren Aufschub direkt ins Material – unter den interessierten Blicken der Mitarbeiterinnen* des Archivs. Denn selten bringen Besucher*innen Fotoapparate und vor allem Maßbänder mit. Da es aber nun einmal zu den entscheidenden Informationen gehört, wie groß ein Objekt ist – Bilder können täuschen –, gehören diese zu den unerlässlichen Werkzeugen für Ausstellungsmacher*innen.

Blick auf Tisch im Lesesaal mit den wichtigsten Worktools: Maßband, Kamera, Laptop.
historisches museum frankfurt: Unser Arbeitsplatz im Lesesaal mit den wichtigsten Worktools: Maßband, Kamera, Laptop.

So wurde gelesen, fotografiert, vermessen und notiert. Immer wieder wurde die stille Geschäftigkeit vom erstaunten, belustigten oder auch einmal enttäuschten Kommentar der einen oder anderen unterbrochen. Es wurde wild diskutiert, ob nun dieses oder jenes Schriftstück sich besser eignet, um einem gewissen Aspekt Ausdruck zu verleihen, ob die Ästhetik ansprechend ist oder, wie wir mit Leerstellen umgehen wollen. Denn nicht zu jedem uns wichtigen Teil der Geschichte der Frauenbewegung lassen sich auch anschauliche Objekte finden. Dieser Umstand hat selbst wiederum mit der Geschichte, der Erinnerungskultur und der Aufarbeitung der Bewegung zu tun und wird deshalb auch zu thematisieren sein. Für die Produktivität waren uns dabei unerlässlich: die Kaffeepausen!

Obwohl sich die erste Frauenbewegung vornehmlich in der Schriftform ausgedrückt hat und wir so viel mit Objekten aus Papier handhaben müssen, sind wir nach einigem Suchen und im Austausch mit den Mitarbeiter*innen des Archivs doch auch auf einige dreidimensionale Objekte gestoßen, die besonderen Jubel ausgelöst haben. Um vor der Ausstellungseröffnung nicht zu spoilern, sei an dieser Stelle nur auf den Jubiläums-Lederprachtband des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins hingewiesen, der in ausgeschmückter Form die Porträts wichtiger Vertreterinnen versammelt.

Der Lederprachtband des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins in unseren Händen
historisches museum frankfurt: Der Lederprachtband des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins in unseren Händen

Betäubt von der Wucht des historischen Materials, erfüllt von den Leseeindrücken und neuen Erkenntnissen stellten wir an unserem letzten Tag in Kassel fest, dass es uns schließlich doch gelungen war die Masse, die wir uns vorgenommen hatten, auch zu sichten. All unsere Objektwünsche landeten auf einem überaus beladenen Aktenwagen.

Mit Akten vollbepackter Aktenwagen
historisches museum frankfurt: Unsere Funde versammelt auf einem Aktenwagen

So wie der Besuch der ausführlichen Vorbereitung bedurfte, so wird uns der Besuch auch noch mehrere Wochen im Anschluss beschäftigen. Denn nun haben wir die Qual der Wahl und Vieles, das wir neu entdeckt haben, muss noch aufgearbeitet und nachrecherchiert werden. Das war uns schon klar, als wir uns, noch beglückt von unseren Funden, auf den Weg zum Bahnhof begaben. Doch da kam Friederike! (Warum haben Tiefdruckgebiete nochmal weibliche Namen? Seit 1998 immerhin im Wechsel mit männlichen…) Aus der beflügelten Heimfahrt mit der Deutschen Bahn ist leider nichts geworden, denn auch wir strandeten gezwungenermaßen am Kassler Bahnhof Wilhelmshöhe. Nach Frankfurt zurück haben wir es trotzdem geschafft – und sitzen nun fleißig an unseren Rechnern und werten aus. Das Ergebnis ist dann ab 30. August 2018 auf der neuen Sonderausstellungsfläche des HMF zu sehen!

Das Projektteam steht vor dem Eingang des Archivs in Kassel
historisches museum frankfurt: Das Projektteam in Kassel

Wir danken noch einmal allerherzlichst dem Team des Archivs der deutschen Frauenbewegung  für die freundliche und hilfsbereite Unterstützung!

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