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Nachruf auf Giuseppe Bruno

Giuseppe Bruno ist am 8. Februar gestorben. Wir verlieren mit ihm nicht nur einen Autor der Bibliothek der Alten, sondern auch einen wichtigen Zeitzeugen der Gastarbeiterzeit. 1961 kam er als Sechzehnjähriger nach Frankfurt. Er hatte seinen sizilianischen Heimatort Butera verlassen, um die Armut, die überaus harte Arbeit auf den Feldern und die rigiden familiären Strukturen hinter sich zu lassen. Der Kontrast hätte nicht größer sein können zwischen dem ländlichen und archaischen Butera und dem urbanen und nach Modernität strebenden Frankfurt. In seinem 2005 in der Edition 6065 erschienenen ersten Buch „Zug in die Fremde“ berichtet Giuseppe mit schonungsloser Offenheit davon, wie er vom Bauernjungen zum Gastarbeiter wurde und von seinem neuen und äußerst vielseitigen Leben in Frankfurt. In einem Interview für die Reihe „Gedächtnis der Nation“ kann man einen Eindruck davon gewinnen, was für ein versierter Erzähler Giuseppe war.

Vor etwa einem Jahr hat Giuseppe Bruno uns drei Objekte überlassen, die von diesem großen Schritt, vom „Zug in die Fremde“ zeugen: seine Maultrommel (auf Sizilianisch „marranzanu“), ein Instrument, das traditionell von den süditalienischen Schäfern gespielt wurde; ein Kofferradio, mit dem Giuseppe Anfang der 1960er Jahre Deutsch lernte und eine Garderobenleiste, die aus den Höchster Gastarbeiter-Baracken stammt, wo Giuseppe anfänglich wohnte. In den letzten Jahrzehnten hat er sich sehr dafür eingesetzt, die Baracken zu erhalten, als Gedenkort für die Leistungen der Gastarbeiter. Dies ist im nicht geglückt. Die Baracken wurden abgerissen, heute erinnert immerhin eine Gedenktafel an sie und ihre ehemaligen Bewohner. In der früheren Dauerausstellung Von Fremden zu Frankfurtern, die bis 2011 bei uns im Historischen Museum im Betongebäude zu sehen war, führt Giuseppe in einem Video über das Baracken-Gelände und erzählte von seiner Zeit.

Seine Idee eines Gastarbeiterdenkmals am Hauptbahnof wartet bis heute darauf, realisiert zu werden, zumindest in Frankfurt. In Butera wurde vor einigen Jahren eines aufgestellt.

Wir sind Giuseppe Bruno dankbar, dass er seine Erfahrungen dokumentiert hat und auch dafür, dass er an das Historische Museum gedacht hat, als einen Ort, wo seine Erinnerungen an die „Gastarbeiterzeit“ gut aufgehoben sind. Grazie, Giuseppe!

 

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