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Stadtlabor unterwegs in den Ernst-May-Siedlungen

Seit Januar 2018 bin ich nun als freiberufliche Kuratorin zurück am Museum und freue mich das Projekt „Wie wohnen die Leute? Mit dem Stadtlabor unterwegs in den Ernst-May-Siedlungen“ zu begleiten und kuratieren. Die Ausstellung ist Teil einer gemeinsamen Initative von drei Frankfurter Museen – dem Museum Angewandte Kunst, dem Deutschen Architekturmuseum und dem Historischen Museum Frankfurt – in Zusammenarbeit mit der ernst-may-gesellschaft e.V. anlässlich des Bauhaus-Jubiläums 2019.

Wenn das Bauhaus die „Schule“ und Werkstatt war in der geplant wurde, so kann das Neue Bauen in Frankfurt unter Ernst May als die Baustelle betrachtet werden, in der viele Ideen von damals umgesetzt wurden. Zwischen 1925 und 1930 entstanden in Frankfurt zwischen 12.000 und 15.000 neue Wohnungen mit dem Anspruch möglichst kostengünstig zu bauen und Wohnraum für Menschen am Existenzminimum zu schaffen. Dieser sozialen Idee wollen wir mit einem Stadtlabor nachspüren. Was ist geblieben von der damaligen Sozialreform? Wie lebt es sich in der Utopie von gestern? Wer lebt heute dort und wie haben sich Gebäude, Gärten, Miet- und Eigentumsverhältnisse verändert? Sprich: Wie sieht der gegenwärtige Gebrauch der Häuser aus? Und weiter gefragt: Welche neuen Utopien kann es für ein sozial gerechtes Wohnen, ein „Neues Frankfurt” in der Zukunft geben?

Gemeinsam mit vielen Bewohner/innen, die in den Siedlungen wohnen und weiteren Expert/innen möchten wir diesen Fragen auf den Grund gehen und eine Ausstellung erarbeiten, die ab Mai 2019 im Stadtlabor des Historischen Museum Frankfurt gezeigt wird. Dazu laden wir herzlich zum ersten Workshop nächste Woche am 25. April um 18:30Uhr ins Museum ein. Anmeldung unter: stadtlabor.historisches-museum(at)stadt-frankfurt.de

Für meine Recherche war ich schon fleißig in den Siedlungen unterwegs und es ist erstaunlich wie unterschiedlich die einzelnen Siedlungen doch wirken, obwohl sie nach gleichen Schemata gebaut wurden. Betrachtet man Fotografien von früher und heute und geht in den Siedlungen spazieren, fallen viele Umbauten oder individuelle Dekorationen der Türen, Fenster und Gärten auf. Können diese „bricolages“ als widerständige Praxis gegen die Typisierung und Serialisierung gedeutet werden? Bei meinen Streifzügen durch die Siedlung bin ich mit Bewohner/innen in Kontakt gekommen. In der Siedlung Bruchfeldstraße in Niederrad, auch bekannt als „Zickzackhausen“ hat mich eine Frau auf die gemeinschaftliche Dachterrasse eingeladen und mir erzählt, was es mit den doppelten Briefkästen auf sich hat… Ein anderer Nachbar erzählt mir, dass er noch einen Mietvertrag hat, der seit den 1920er Jahren in der Familie weitervererbt wird! Ein älteres Paar in der angrenzenden Donnersbergstraße erzählt, dass sie noch die einzigen mit einem alten Mietvertrag sind. Die Häuser nebenan kosten schon längst das zwei- bis dreifache.

Das nächste Jahr wird spannend und ich freue mich diese vielen Anekdoten und Objekte, die so viel über das Leben und Wohnen von damals und heute erzählen, gemeinsam zu sammeln und in einer Ausstellung zusammenzuführen.

 

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