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Von Fenstern und Fragmenten

Öl auf Leinwand, ein auf Holz gemaltes Tafelbild, eine Wandmalerei: Ist von Gemälden die Rede, sind das vermutlich erste Stichwörter, die in den Sinn kommen. Die Materialvielfalt reicht aber noch weiter. Die Gemäldesammlung des Historischen Museums beherbergt etwa 200 Glasgemälde. Dazu gehören zum Beispiel spätmittelalterliche Fenster aus dem Frankfurter Dom, Wappenscheiben aus dem 16. und 17. Jahrhundert sowie ein bedeutendes Konvolut an Fensterscheiben nach Motiven des Malers Hans Thoma aus der Villa des Frankfurter Stifterehepaares Kotzenberg, entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Glasgemälde sind eine besondere Spezies unter den Museumsobjekten. Als Kirchenfenster oder Fenster in Wohn- oder Rathäusern und anderen Gebäuden sind sie Teil der Architektur, bilden die Verbindung zwischen Innen und Außen und trotzen Wind und Wetter. Und was so widerstandsfähig ist, kann doch nicht so schwer zu bewahren sein, oder? Aber sie sind eben auch – nun ja – aus Glas und entsprechend fragil. Und auch die Bleiruten, die die einzelnen Scheiben verbinden und zusammenhalten, sowie die Malschicht selbst können unter bestimmten Lagerungsbedingungen empfindlich reagieren und das Material gegebenenfalls durch äußere Einflüsse angegriffen werden.

Eine Sichtung des Bestands im Jahr 2009 lenkte erstmals Aufmerksamkeit auf die bis dahin unzureichende Lagerung der Objekte. Die Vorbereitung einer Ausstellung über das Ehepaar Kotzenberg brachte zudem Erkenntnisse über den zuvor wenig beachteten Teilbestand der Kotzenberg-Scheiben. In der Folge konnte in Zusammenarbeit mit der Glasrestauratorin Martha Hör und mithilfe zweier Förderungen des Museumsverbands Hessen ein Konzept für die Lagerung des gesamten Glasgemäldebestandes in einem neuen Depot erarbeitet werden.

Wie kann so eine ideale Lagerung also aussehen? Während die Glasgemälde zuvor nebeneinander in Holzschränken stehend aufbewahrt wurden, gibt es jetzt zwei Möglichkeiten der Lagerung: Die stabileren und insbesondere die größeren und schwereren Objekte werden mithilfe eigens hierfür gefertigter Stahlhalterungen an einer Gitterwand befestigt. Hier stehen sie einzeln aufrecht nebeneinander und kein unnötiger Druck lastet auf ihnen. Für die fragileren Objekte stehen Planschränke bereit, in denen die Objekte flach liegen können. Mittlerweile haben alle Glasgemälde einen Platz im neuen Zuhause gefunden.

Rund zwei Jahre seit der Antragstellung dauerte der aufwändige Prozess und viele Schritte waren notwendig, um an diesen Punkt zu gelangen:

  • Restauratorische Maßnahmen wurden durchgeführt – hierbei wurden die Objekte gesichtet und für eine dauerhafte Lagerung stabilisiert, zum Beispiel durch die Fixierung von Brüchen und die Anfertigung passgenauer Messingrahmen.
  • Vor dem Transport in das neue Depot erfolgte eine provisorische Reinigung vieler Objekte.
  • Alle Objekte wurden aufwändig bruchsicher verpackt und anschließend transportiert.
  • Dokumentation: Wenn eine Sammlung umzieht, ist das die beste Gelegenheit, sie genau zu sichten und fehlende Informationen in der Objektdokumentation zu ergänzen: Alle Objekte wurden neu fotografiert, bemaßt, der Zustand restauratorisch begutachtet und bislang nicht erfasste Objekte identifiziert und verzeichnet.
  • Alle neuen Standorte wurden erfasst, sodass auch im neuen Depot jedes Objekt wieder einwandfrei auffindbar ist.

Der Glasgemäldebestand ist also fit für die Zukunft: Alle Objekte sind ihren Anforderungen entsprechend gelagert, bestens zugänglich und dokumentiert – und bilden somit eine gute Grundlage für die weitere wissenschaftliche Arbeit mit dieser schönen und spannenden Sammlung.

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