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Zwischen Bewunderung und Ablehnung: Das Friedrich-Ebert-Denkmal 1926

– Ein Rückblick. Am 11. August 1926 erstrahlten der Frankfurter Römerberg und der Platz um die Paulskirche in feierlichem Glanz. Die Häuser am Römerberg wurden durch bunte Lichter illuminiert, an der Hauptfront des Römers und an der Nikolaikirche flackerten bengalische Feuer. Die Paulskirche selbst war, sowohl außen als auch im Inneren, mit schwarz-rot-goldenen Fahnen versehen, ebenso die umliegenden Bauten. Mindestens sechs Fahnen pro Haus, so hatte es Oberbürgermeister Ludwig Landmann ausdrücklich erbeten. Anlass war der Festakt zum Verfassungstag, der von 1921 bis 1932 in der Weimarer Republik als nationaler Feiertag begangen wurde.

Schwarz-weiß Fotografie der feierlichen Enthüllung des Friedrich Ebert-Denkmals durch Ludwig Landmann 1926
Oberbürgermeister Landmann enthüllt am 11. August 1926 das Denkmal für Friedrich Ebert an der Paulskirche, Fotografie von Alwin Friedrich, Historisches Museum Frankfurt, Foto: Horst Ziegenfusz.

Den Höhepunkt der Festlichkeiten bildete in diesem Jahr die Enthüllung des Friedrich Ebert-Denkmals an der östlichen Außenfassade der Paulskirche. Friedrich Ebert, sozialdemokratischer Politiker und erster Reichspräsident der Weimarer Republik, war am 28. Februar 1925 verstorben. Bereits einen Monat danach fasste der Magistrat der Stadt Frankfurt den Entschluss, Eberts Bestrebungen für die parlamentarische Demokratie mit einem Denkmal zu ehren und plante die Fertigstellung zum ersten Todestag im Februar 1926, was nicht gelang. Schließlich wurde die von Richard Scheibe aus Bronze gefertigte Figur eines schlanken nackten Jünglings zum Verfassungstag der Öffentlichkeit präsentiert. „Sie ist die Verkörperung des deutschen Volkes, das sich aus einem Zustand schmerzerfüllter Benommenheit erhebt und sich entschlossen zu neuer Schöpferkraft anschickt“, interpretierte der General-Anzeiger aus Frankfurt vom 12. August 1926 die Skulptur.

Die Pläne der Stadt wurden frühzeitig von heftigen Protesten begleitet. Insbesondere die deutschnational gesinnten Pfarrer der Paulskirchengemeinde sprachen sich gegen das Denkmal aus und versuchten, die Aufstellung bis zuletzt zu verhindern. Sie kritisierten, dass Ebert nicht der evangelischen Kirche angehört habe, als „Dissident“ später sogar der katholischen Kirche den Rücken gekehrt und keinerlei Bezug zur Paulskirche gehabt haben soll – abgesehen von einem einmaligen Besuch 1923 zum 75-jährigen Jubiläum der Nationalversammlung von 1848. Auch die Ausführung des Denkmals erschien Pfarrer Georg Struckmeier mehr als unpassend, wie er im Gemeindeblatt „Der Paulskirchenbote“ im September 1926 darlegte: „Hat man sich denn gar nicht klar gemacht, daß dieses Standbild an einer Kirche angebracht werden soll? […] Dies Ebertdenkmal an der Paulskirche ist unmöglich.“ Und weiter: „Man möchte dem Schöpfer dieses Denkmals wünschen, daß er unter der Volksmenge gestanden hätte, als die Hülle fiel, man möchte ihm den Rat geben, sich einmal die Urteile anzuhören, die täglich zu Dutzenden vor der Paulskirche gefällt werden, gefällt von Männern und Frauen mit erlesenstem Kunstsinne und von solchen aus dem schlichteren Volk. Die Ablehnung ist allgemein.“

Kritische Stimmen erhoben sich auch von links. Die „Arbeiter-Zeitung“ kommentierte am 12. August 1926 spöttisch den Glanz der Feierlichkeiten, in deren Genuss nur geladene Gäste kamen: „Aber sonst war diese Feier ganz der Republik angepaßt, so wohltemperiert, so voller weihevoller Stimmung mit Bratenröcken, Zylindern, Damen und schwarzrotgold […].“ Und „[d]as Denkmal? – Wenn man es sieht, meint man, es wäre die Republik. So ein wenig in die Knie gesunken, nicht mehr ganz fest auf den Beinen, so ohne Rückgrat und Energie und ein bissel schwach auf der Brust.“

Fotografie des Friedrich Ebert-Denkmals vor dem ehemaligen HMF-Gebäude
Richard Scheibe, Max Werner, Stehender männlicher Akt, Friedrich-Ebert-Denkmal, 1926, Historisches Museum Frankfurt.

Das Denkmal verblieb trotz nicht abreißender Proteste bis 1933 an der Paulskirche. Unter den Nationalsozialisten wurde es entfernt und eingelagert. In den darauffolgenden Jahren war es zwei Mal von der Einschmelzung bedroht, überstand den Krieg aber schließlich unbeschadet. Nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden sich die Stadt Frankfurt und Richard Scheibe dafür, dass eine Neuanfertigung der Skulptur den alten Platz an der Paulskirche einnehmen sollte. Das 1926 geschaffene Denkmal befindet sich heute in der Dauerausstellung „Frankfurt Einst?“ im HMF.

Zum Weiterlesen:

Demokratie-Labor – Vom Versprechen der Gleichheit

Quellen und Literatur:

Archivalien aus dem Institut für Stadtgeschichte
ISG FFM S3 2197, ISG FFM A.02.01 S-2715, ISG FFM A.02.01 R-176-1

Burnicki, Janine: Die Entfernung des Friedrich-Ebert-Denkmals, in: Institut für Stadtgeschichte. Frankfurt 1933-1945, 01.01.2003, (Zugriff: 18.11.2022).

Grzechca-Mohr, Ursula: Richard Scheibes erstes Denkmal für Friedrich Ebert, in: Rebentisch, Dieter/Hils-Brockhoff. Evelyn (Hrsg.): Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Bd. 69, S. 215-226.

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