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Mein Bauch gehört mir!

Von Brigitte Bosing

Sommer 1972. Es ist mein erstes Semester an der Uni Frankfurt und zum ersten Mal erlebe ich eine Demonstration nicht nur im Fernsehen, sondern bin live dabei. Auf dem Campus versammeln sich junge und alte Frauen, die einen im Schlabberlook der 70er Jahre, die anderen schick im Kostüm; auch Hausfrauen in der Kittelschürze sind mit dabei. Sie alle eint die Wut – und sie sind laut. Sie skandieren „Mein Bauch gehört mir“ und fordern auf ihren Transparenten die Abschaffung des § 218.

Es sind bewegte und spannende Zeiten in diesem Sommer 1972. Im Jahr zuvor hatten 374 Frauen auf der Titelseite des „Stern“ bekannt „Wir haben abgetrieben“ und damit das Schweigen über ein gesellschaftliches Tabu gebrochen. Es war der Startschuss zu einer neuen Frauenbewegung – auch in Frankfurt. Im Stadtteil Bockenheim entstand das erste Frauengesundheitszentrum, an der Universität gründete sich der legendäre Weiberrat. Dort begegnete ich zum ersten Mal Sibylla Flügge und war vom Engagement der jungen Jurastudentin beeindruckt: Ihre Eloquenz machte sie zu einer der Wortführerinnen der Bewegung, auf den Demonstrationen marschierte sie in der ersten Reihe. Auch nach dem Studium blieb sie dem Kampf der Frauen treu: Im neu gegründeten Frankfurter Frauenreferat setzte sie sich erfolgreich für die Abschaffung der Zwangsuntersuchung von Prostituierten ein. Heute ist die Juristin im Ruhestand und gibt ihre Erfahrungen als Zeitzeugin weiter, etwa im Rahmen eines Schultheaterprojekts am Schauspiel Frankfurt.

In der Bibliothek der Generationen im HMF erzählt Sibylla Flügge am 2.1.2024 um 14.30 Uhr vom Kampf der Frauen gegen den § 218.

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